18.11.2008 / Berner Zeitung / Schweizer Krieger, gefangen in Russland / Norbert Raabe
Zwischen 1941 und 1945 gerieten schäzungsweise 3,5 Millionen Soldaten in sowjetische Kriegsgefangenschaft - darunter auch Schweizer, die für die Nazis gekämpft hatten. Eine Ausstellung in St. Gallen beleuchtet die damaligen Zustände.
Die letzten Überlebenden kehrten erst in den Fünfzigerjahren zurück: ausgemergelt, gezeichnet von Krankheiten und häufig für den Rest ihres Lebens traumatisiert, nachdem der deutsche Kanzler Konrad Adenauer 1956 ihre Entlassung erreicht hatte. Die russische Kriegsgefangenschaft steht bis heute für Hunger, Kälte, Heimweh und Krankenheiten - für Millionen deutsche Soldaten, aber auch eine ungewisse Anzahl Schweizer und viele Österreicher, die am Angriffskrieg gegen Russland teilgenommen hatten.
Das Historische und Völkerkundemuseum in St. Gallen versucht nun, das Leben dieser Verschollenen nachzuzeichnen. Zahlreiche Vorträge sollen diese Vergangenenheit zum Leben erwecken, darunter auch Erinnerungen von Betroffenen. Historische Filmsequenzen sind zu sehen, und zahlreiche Alltagsgegenstände illustrieren eindrücklich, wie hart und armselig die Gefangenschaft war - und wie erfinderisch sie die Menschen folglich machte.
Nach Angaben des St. Galler Museums geht die Idee zu der Ausstellung auf einen Einheimischen zurück, dessen Vater als Mitglieder der Deutschen Wehrmacht nach Russland in den Krieg gezogen war. Anfang der Fünfzigerjahre zeichnete er seine Erinnerungen auf, doch gesprochen hatte er zeitlebens kaum darüber - wie zahlreiche ehemalige Kriegsgefangene, die ihren Kindern und Enkeln damit bis heute Rätsel aufgeben. Auf dem Papier jedoch haben viele von ihnen versucht, ihre Erlebnisse zu verarbeiten - und damit nicht nur sich geholfen, sondern auch der historischen Forschung. |